Teil 30
Weltkrebstag 2025
„Gemeinsam einzigartig“
Heute ist Weltkrebstag, es ist mein Fünfter.
Seit fünf Jahren gehöre ich dazu, zu den Überlebenden, zu denen, deren ganzes Leben einmal durch den Schleudergang gewirbelt wurde.
Ich weiß nicht, wie das bei euch ist, aber ich habe immer alte, leicht verwurstete Waschmaschinen.
Seit ich einen eigenen Haushalt habe, erbe ich solche Dinger oder kaufe sie aus unterschiedlichsten Familien-konstellationen bei Kleinanzeigen…was ich da schon beim Abholen erlebt hab…aber das ist eine andere Geschichte.
Meine Waschmaschinen sind immer zu laut, sie schleudern nicht unauffällig, manchmal ist die Wäsche danach immer noch nass und es braucht einen zweiten Anlauf, aber irgendwie weiß ich, sie tun am Ende, was sie sollen. Die Wäsche ist sauber und kann wieder in den Schrank.
Ihr kennt mich mittlerweile, ich mag beim Schreiben einfach die Kraft der Bilder.
„Gemeinsam einzigartig“, mein Umgang, mein Verlauf und meine Startegien in diesem neuen Leben mit dem Krebs sind vielleicht ganz anders als eure.
Meine Maschine schleudert vielleicht ganz anders.
Aber fangen wir vorne an, beim „Gemeinsam“.
Als ich meine Diagnose bekam, abgeschnitten von meiner Lebenswelt, weil das Land in Coronaangst still stand, fand ich erst den Kontakt zu Astrid und dann zu unserer Gruppe.
In meinem Umfeld war niemand akut an Krebs erkrankt und an Hautkrebs sowieso nicht. Bei Facebook fand ich Gemeinschaft, andere, die sich auskannten, mir Details erklären und Mut machten. Die verstanden, warum nichts mehr war wie vorher.
Was für eine Erleichterung!
Endlich nicht mehr allein!
Da war sie, die Gemeinschaft, die ich so dringend brauchte.
Nach meiner Akutbehandlung fuhr ich zur Reha.
Eher zufällig, weil alle anderen Rehakliniken, die in Frage kamen, geschlossen waren, landete ich in Bad Oexen und erlebte dort noch intensiver das „Gemeinsam“.
Hier durfte ich erleben, dass es egal sein kann, welchen Krebs, welche Behandlung und welche Optionen wir alle hatten, wir saßen im gleichen Boot und es entstand eine Nähe, die mich umgehauen hat.
Während meiner zweiten Reha intensivierte sich dieses Gefühl noch.
In unserer „Bubble“, wie wir sie nannten, durfte alles gesagt und gefühlt werden, wir konnten uns ohne Angst umarmen, denn die Coronabestimmungen waren sehr streng und gaben uns Sicherheit.
Als wir alle in täglicher Angst lebten, waren diese Inseln der Begegnung noch besonderer.
Was für ein Glück, dass wir diese Zeiten überstanden haben.
Als ich dann Moderatorin unserer Facebookgruppe „Diagnose Hautkrebs- wir lassen dich nicht allein“ wurde, entstand wieder ein neues „Gemeinsam“.
Ich übernahm eine neue Rolle, die der helfenden Hand, der Person, die zuhört, vermittelt, sich engagiert und -nach wie vor - dazu lernt.
So habe ich heute zwei Perspektiven: die der betroffenen Patientin, die sich ihres Netzwerkes sicher sein kann.
Und die der Patient:innenvertreterin, die andere an die Hand nimmt, so wie ich es selbst erfahren habe.
Bei MID finde ich beides und damit alles, was mir hilft, mit meiner Geschichte umzugehen.
Da ist aber auch das „einzigartig“…
Vor allem während meines Einsatzes für Patient:innen wurde mir irgendwann bewusst, es gibt kein Handbuch für diese Waschmaschine, diesen Schleudergang, denn alle laufen anders.
Jede und jeder von uns hatte vor dem Krebs ein anderes Leben, Familiensysteme, Freundeskreise und Berufsfelder, die sie oder ihn geprägt haben.
Deshalb geht auch jeder Mensch anders mit so einer herausfordernden Situation um.
Manche sind sehr resilient, sie nehmen ihre neuen Aufgaben an und verlieren nicht das Vertrauen, dass es weiter gehen wird, auch wenn sie noch nicht wissen, wie genau.
Andere haben vielleicht schon viele Schicksalsschläge aushalten müssen und fühlen sich macht- und kraftlos, ein weiteres Mal einen schweren Weg zu gehen.
Der eine ist ganz allein mit allem, die andere eingebettet in ein stabiles Familien- oder Freundesnetz.
Wir haben ganz junge Betroffene und ältere, die schon ein erfülltes Leben haben.
So könnte ich die Liste unendlich weiter führen.
Wir alle sind „einzigartig“ und so ist unser Umgang mit dem Krebs.
Eine der größten Aufgaben bei der Begleitung anderer Patient:innen ist nach meinem Gefühl das Verstehen und die Akzeptanz dieses Fakts.
Was für mich gut ist, kann anderen vielleicht gar nicht helfen.
Was der eine entscheidet, kann die andere vielleicht nicht verstehen.
Trotzdem oder grade deshalb gibt es kein „richtig“und kein „falsch“, es ist dein Leben, deine Entscheidungen und dein Umgang.
Mich trägt dabei, dass mir die Selbsthilfe einen Strauß an Möglichkeiten und Optionen bietet.
Ich kann zugreifen, wie ich es in diesem Moment brauche.
Evidenzbasierte Informationen, die verständlich sind, offene Ohren, wenn ich Ängste habe, Austausch und Begegnung, alles ist möglich.
Manchmal rettet das Wissen unserer Gruppe sogar Leben.
Für mich ist es ein Geschenk, Teil dieser Truppe zu sein und ich könnte mir nicht vorstellen, mein Leben, mein neues Leben ohne sie zu führen.
Sie ist mein Netzwerk, mein doppelter Boden und mein Ohr zu jeder Tages- und Nachtzeit.
Hier, in der Selbsthilfe spüre ich weit ab von Stuhlkreisen und Taschentuchboxen das „Gemeinsam“
Und ebenso das „einzigartig“.
Also alles Liebe zu „unserem“ Weltkrebstag 2025!
Eure Katrin
und das ganze Team von Melanominfo Deutschland
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